Unsere Demokratie sollte uns
inspirieren,
aber unsere jetziges System bringt das Schlimmste in uns hervor.
Halsabschneiderische Kampagnen säen gefährliche Spaltungen und führen zu Korruption. Politiker sind gezwungen, Politik zu machen, anstatt sich mit den großen Themen unserer Zeit auseinanderzusetzen. Und das von der Seitenlinie aus zu beobachten, bringt die Menschen zunehmend dazu wütend und hoffnungslos weltweit.
So sieht echte Demokratie
ausEin repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung
Sie bestehen aus Krankenpflegern, Geschäftsinhaberinnen, Landwirten, Ingenieurinnen, Eltern, Lehrern, Studentinnen und vielen andere Menschen aus allen möglichen Lebensbereichen und aus dem gesamten politischen Spektrum. Zusammen spiegeln sie proportional die Zusammensetzung der Bevölkerung wider.
frei von politischem Handlungsdruck
Die gelosten Bürger:innen sind keiner politischen Partei verpflichtet und müssen sich nicht um ihre Wiederwahl sorgen. Sie können also tatsächlich auf andere Perspektiven hören und ihrem Gewissen folgen.
wägt Fakten und Argumente ab
Bei ihrer Arbeit erhalten sie Unterstützung von unabhängigen Expert:innen und berücksichtigen auch die Perspektiven jener, die besonders von den Themen betroffen sind.
und diskutiert gemeinsam, um mehrheitsfähige Entscheidungen zu finden.
Mit der Unterstützung von unabhängigen Moderator:innen führen sie respektvolle Gespräche, um Gemeinsamkeiten und manchmal sogar bahnbrechende Lösungen für unsere größten Probleme zu finden.
Möglich wird dies durch
die Rückkehr zumdemokratischen Losverfahren
Das erste Form von Demokratie im antiken Athen basierte auf dem Losverfahren, um Korruption und Spaltung entgegenzuwirken, die durch Wahlen entstanden.
Das demokratische Losverfahren feiert heute seine Rückkehr als Reaktion auf das Misstrauen und die Spaltung unserer Zeit. Das Losverfahren wird verwendet, um Vertreter:innen auszuwählen, die tatsächlich die Bevölkerung repräsentieren. Und weil diese normalen Bürger:innen nicht an die Regeln unseres derzeitigen politischen Systems gebunden sind, können sie auf inspirierende Weise neu auf komplexe und kontroverse Themen blicken und miteinander in Gespräch kommen.

Eine Maschine für das demokratische Losverfahren aus den USA
„Die Ernennung von Richtern durch das Los [das Losverfahren] wird als demokratisch und die Wahl als oligarchisch angesehen.“

Aristoteles
Philosoph aus dem antiken Athen
Politik, Buch V.
In Form von Bürger:innenräten wird das Losverfahren weltweit immer bekannter
Bürger:innenräte und ähnliche Prozesse nutzen das Losverfahren, um repräsentative Gruppen normaler Menschen zusammenzubringen, die sich mit komplexen und kontroversen politischen Fragestellungen befassen.
Über den letzten Jahren gab es großen Zuspruch für Bürger:innenräte, sowohl in der Zivilgesellschaft als auch in Regierungen und Parlamenten. Und laut einem aktuellen Bericht der OECD gab es in den letzten zehn Jahren fast 200 Bürger:innenräte und ähnliche geloste Verfahren.
Viele davon wurden von den Organisationen und Praktikern in durchgeführt das F&E-Netzwerk Demokratie.
Diagramm:OECD-Daten zur steigenden Popularität von Bürger:innenräten.
Karte: Eine kleine Auswahl der Bürger:innenräte und ähnlicher losbasierter Beteiligungsverfahren, die in den vergangenen Jahrzehnten einberufen wurden.
Quelle (auf Englisch).

Startseite Karte
"Die Wahl von Parlamenten durch das Losverfahren [Lotterie] statt Wahl würde die Bildung einer an auf Eigeninteressen fokussierten und sich selbst erhaltenden politischen Klassen verhindern“

Kofi Annan
Ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen
Mitträger des Nobelpreises
Beim Athens Democracy Forum (2017)
Häufige Fragen
Was sind die Herausforderungen und Grenzen von Bürger:innenräten?
Der Umfang und die Leistungsfähigkeit von Bürger:innenräten sind oft durch die zeitlichen und finanziellen Ressourcen beschränkt. Überhaupt müssen solche Verfahren gut vorbereitet und organisiert werden, weshalb es wichtig ist, dass sie mit einem angemessenen Etat ausgestattet und von erfahrenen Expert:innen geleitet werden.
Eine weitere große Einschränkung besteht derzeit noch darin, dass Bürger:innenräte fast immer darauf reduziert werden, nur nicht verpflichtende Empfehlungen abzugeben. Parteien und Politiker:innen können diese Empfehlungen ignorieren und übergehen, wenn sie nicht in ihres politische Agenda passen.
Wie genau würde das funktionieren, wenn wir Wahlen durch das Losverfahren ersetzen?
Politische Kampagnen und Wahlkämpfe wäre überflüssig, stattdessen würden Menschen dazu aufgefordert, sich direkt in die Politik einzubringen.
Das Losverfahren würde die bestmögliche verfügbare Datengrundlage nutzen, um eine möglichst repräsentative Auswahl von Personen aus der Bevölkerung zu finden. Dabei würde auf Kriterien wie das Alter, das Geschlecht, die geografische Herkunft, das Einkommen, den Bildungshintergrund, mögliche Migrationserfahrung sowie weitere relevante Kriterien geachtet werden. So würde ein Miniaturabbild der Gesellschaft geschaffen werden.
Menschen, die durch das Losverfahren ausgewählt werden, können sich freiwillig dazu entscheiden teilzunehmen. Jene, die das Los annehmen, würden — ebenso wir Karrierepolitiker:innen derzeit — mit den nötigen finanziellen Ressourcen und Berater:innen ausgestattet werden, um ihren Aufgaben nachzukommen.
Wichtig hierbei ist, dass die unsere Politik nicht länger nur kontrovers und auf Konfrontation und Konflikt ausgerichtet sein muss, sondern sich auf konstruktiven Diskurs, Konsensfindung und das Suchen nach Lösungen konzentrieren kann.
Das Losverfahren soll nicht dazu dienen, Führungspositionen zu besetzen, die spezielle Fähigkeiten erfordern. Das Losverfahren kann jedoch dazu genutzt werden, um Bürger:innenkomitees zu bilden, die dann wiederum Führungskräfte gemäß ihrer Kompetenzen und Leistungen finden, ernennen und prüfen.
Kann diese Vision einer echten Demokratie auch außerhalb der Politik genutzt werden?
Ja. Das demokratische Losverfahren kann auch verwendet werden, um Vertreter:innen auf verschiedensten Ebenen innerhalb einer Organisation auszuwählen, die den Anspruch haben, Entscheidungen demokratisch zu fällen.
Inspiriert vom antiken Athen wurde dieses Prinzip auch in vielen Ländern in das Justizsystem integriert. Dort werden teils Streitigkeiten über immense Geldsummen oder über Fragen von Leben und Tod unabhängigen Juror:innen anvertraut, die durch das Los bestimmt wurden.
Das Losverfahren wurde z.B. auch dazu verwendet, um Gremien auszuwählen, die Soldaten des französischen Militärs, Arbeiter:innen in finnischen Fabriken oder Student:innen an Universitäten vertreten. Und inspiriert von erfolgreichen Beispielen in Bolivien entscheidet sich weltweit eine wachsende Zahl von Schulen dazu, bei der Bestimmung ihrer Schulsprecher:innen Wahlen durch das Losverfahren zu ersetzen.
Darüber hinaus gibt es viele Bestrebungen, solche Verfahren auch in der Leitung und Führung von bspw. Gewerkschaften, Genossenschaften, gemeinnützigen Organisationen, Vereinen oder Unternehmen einzusetzen.
Ist dieses Prinzip politisch links oder rechts einzuordnen?
Weder noch. Die Idee vom demokratischen Losverfahren geht über das System politischer Lager aus links und rechts hinaus. In den letzten Jahren haben zivilgesellschaftliche Akteure und Politiker:innen auf allen Seiten des politischen Spektrums auf die Einbeziehung von Bürger:innen mithilfe des Losverfahrens gedrängt. Zu den bekanntesten Beispielen gehören die globale Klimabewegung Extinction Rebellion sowie Frankreichs weitgehend ländliche und konservative Bewegung der Gelbwesten.
Warum habe ich noch nie davon gehört?
Obwohl es sie schon seit Jahrtausenden gibt, sind die Vision einer solchen Demokratie und die Praxis des demokratischen Losverfahrens erst in den letzten Jahren wieder aufgetaucht und haben begonnen sich weltweit zu etablieren. Der Mythos, dass Demokratie gleichbedeutend mit Wahlen ist, hat die öffentliche Vorstellungskraft lange Zeit beherrscht, doch das beginnt sich allmählich zu ändern!